Grundlagen der Moskitobiologie
(Lebenszyklus, Hochwasser/Fieber/Haus usw.)
Gelsen sind eine Gruppe von mehr als 3.500 Arten zweiflügeliger Insekten und gehören zur Familie der Culicidae. In der Slowakei gibt es etwa 60 Gelsenarten.
Der Entwicklungszyklus von Gelsen besteht aus 4 Stadien: Ei, Larve, Puppe und Imago. Die Larven schlüpfen aus den Eiern und häuten sich dreimal (sie haben 4 Stadien), bevor sie sich verpuppen. Sie ernähren sich von kleinen Nahrungspartikeln pflanzlichen und tierischen Ursprungs, die sie aus dem Wasser filtern. Sie atmen Luftsauerstoff ein, während sie an der Unterseite der Wasseroberfläche hängen. Die Larvenentwicklung dauert von 6 Tagen in warmem Wasser bis zu 2 Monaten in kaltem Wasser. Das letzte Larvenstadium verpuppt sich und die Puppe verwandelt sich nach etwa 2 Tagen in eine Imago.
Es gibt etwa so viele Weibchen wie Männchen. Beide Geschlechter ernähren sich von Pflanzennektaren. Sie paaren sich im Flug, das Weibchen nur einmal, das Männchen kann sich mehrmals paaren. Nach der Paarung müssen die Weibchen der meisten Arten Blut saugen, damit ihre Eier reifen. Den Wirt suchen sie durch ihren Geruchs- (sie sind besonders empfindlich auf CO2 und einige Bestandteile des Atems und Schweißes) und Sehsinn und ihre Wärmerezeptoren. Besonders aktiv sind sie beim Dunkelwerden oder im Morgengrauen, die meisten Arten meiden direktes Sonnenlicht. Bei windigem Wetter können sie nicht fliegen. 2-4 Tage nach Blutsaugen legt das Weibchen 50-500 Eier.
Die Eier werden entweder direkt ins Wasser gelegt, wo sie sich sofort zu entwickeln beginnen (Gattung Culex, Anopheles, Culiseta), oder in feuchte Erde, wo sie warten, bis sie überschwemmt werden (Gattung Aedes). Zur ersten Gruppe gehören die sogenannten Hausgelsen, die sich in verschiedenen Behältern (Regenwasserfässer, Vasen auf Friedhöfen, Wasser in herumliegenden Reifen, Schwimmbädern, Teichen etc.) vermehren. Zur zweiten Gruppe gehören die sogenannten Flutgelsen, die sich nach Überschwemmungen massenhaft vermehren und die sogenannte „Gelsenplage“ verursachen. Gelsen sind wichtige Überträger von Krankheitserregern, die jedes Jahr mehrere hunderttausend Menschen töten. Obwohl sie auch in unserem Land die Erreger mehrerer Krankheiten übertragen, kommen die tödlichen und gefährlichen Erkrankungen glücklicherweise in unserem Land nicht vor.
BTI – Was ist das und wie funktioniert es?
BTI ist die Abkürzung für das Bodenbakterium Bacillus thuringiensis spp. israelensis. Da BTI für Gelsenlarven hochgiftig ist, werden Präparate auf BTI-Basis zur biologischen Bekämpfung von Gelsen eingesetzt. Unter biologischer Gelsenbekämpfung verstehen wir die Reduzierung der Gelsenzahl durch das Einsetzen von anderen Organismen. Die Präparate auf BTI-Basis werden in Form einer Lösung oder eines Granulats an den Stellen eingesetzt, an denen sich Gelsenlarven entwickeln. Der Vorteil solcher Präparate ist, dass sie selektiv sind und daher nur für Gelsenlarven und einige ihrer nahen Verwandten toxisch sind. BTI hat keine Auswirkungen auf Nichtzielorganismen, einschließlich Fische und Menschen.
Warum ist BTI so selektiv? Das Bakterium produziert ein Eiweißgift, das jedoch an sich harmlos ist. Es muss zunächst in den Darm des Wirtsorganismus gelangen, der ein stark alkalisches Milieu (pH > 10) aufweisen muss. Damit das Eiweißgift aktiviert werden kann, muss es mit Enzymen in Kontakt kommen, die ein ansonsten harmloses bakterielles Eiweißgift in ein biologisch aktives Toxin umwandeln. Gleichzeitig muss es im Darm Rezeptoren geben, an die sich das Toxin bindet. Und Gelsenlarven erfüllen diese Bedingungen. Anschließend bewirkt das Toxin, dass die Darmzellen anschwellen und platzen, wodurch der Darm punktiert wird und die Gelsenlarve innerhalb weniger Stunden nach Aufnahme des Toxins stirbt.
Wissenschaftliche Forschung und Erfassung (Monitoring)
Kooperierende Partner sind Bratislava (SK), Umland Bratislava (SK), Trnava (SK), die Comenius Universität in Bratislava (SK) und der Verein für Biologische Gelsenregulierung entlang Thaya und March (AT).
Das Arbeitspaket Forschung inkludiert drei verschiedene Methoden, um Stechmücken-Populationen, Viren und Parasiten, die durch Stechmücken übertragen werden und ein potentielles Gesundheitsrisiko darstellen, zu erfassen und um den Erfolg der Bioregulation von Stechmücken durch BTI zu kontrollieren. Für den Erfolg der wissenschaftlichen Forschung und Erfassung ist es hierbei essentiell eine effiziente und respektvolle, enge Zusammenarbeit zwischen BiologInnen, ExpertInnen und Freiwilligen aus der Slowakei und Österreich zu schaffen.
Mückenlarven
Mittels standardisierter digitaler/analoger Erhebungsbögen wird die Anzahl an Larven/Liter in der gesamten Region durch Freiwillige und ExpertInnen durchgeführt und abhängig von der Anzahl bei Bedarf eine Regulierung mit BTI durchgeführt.
Adulte Stechmücken: CO2-Fallen
Mit CO2-Fallen werden erwachsene Gelsen sowohl in den Augebieten als auch innerhalb der Orte/Städte gefangen, ausgezählt, auf Artniveau bestimmt und in Au-, Fieber- und Hausgelsen eingeteilt.
Invasive Arten: Ovitraps
Ovitraps (Eiablage-Fallen) werden zweiwöchentlich von BiologInnen aufgestellt und kontrolliert und von der Comenius-Universität (SK) bzw. in Kooperation mit der AGES (AT) auf fremde, nicht-einheimische Stechmückenarten hin untersucht.
Stechmücken als Vektoren
Einige hundert Sammelproben werden von der Comenius Universität mittels biomolekularer Methoden auf West-Nil-Virus, Usutu-Virus und Parasiten der Gattung Dirofilaria untersucht. Die dafür erforderlichen Proben werden von slowakischen und österreichischen ExpertInnen zur Verfügung gestellt.
Natürliche Gelsen-Raubtiere
Es gibt eine Reihe von Gelsen-Raubtieren in der Natur, wobei Larven- und Puppen-Raubtiere im Allgemeinen effektiver als die Raubtiere von Erwachsenen sind, da Larven und Puppen konzentriert in Brutstätten gefunden werden, während Erwachsene in der Umgebung verstreut sind. Unter den Larven-Raubtieren sind Fische am effektivsten, die je nach Art und Größe Hunderte bis Tausende von Larven pro Tag verzehren können. Wo es also Fische gibt, überleben keine Gelsen. Auch wenn es einigen gelingt, den Fischen in der dichten Wasservegetation zu entkommen, sind es nicht viele. Gelsenlarven sind auch ein wichtiges Nahrungsmittel, z. B. für gesetzlich geschützte Salamander. Ein Salamander frisst Hunderte von Gelsen am Tag. Von Gelsen ernähren sich auch viele Arten von Wasserinsekten, z. B. Stinkwanzen, Libellenlarven, räuberische Käfer (Tauchkäfer, Kolbenwasserkäfer-Larven, Kreiselkäfer), die eine bis Dutzende von Larven pro Tag fressen können.
Außerhalb des Wassers lauern auf Gelsen Spinnen, Libellen, Frösche, Fledermäuse und viele insektenfressende Vogelarten wie z.B. Mauersegler. Indem wir geeignete Bedingungen für diese natürlichen Raubtiere schaffen, tragen wir dazu bei, die Gelsenzahl zu reduzieren. Einige Gelsen brüten jedoch an Orten, an denen es nicht viele Raubtiere gibt. Außerdem sind die Larven und Puppen in solchen Mengen vorhanden, dass, selbst wenn sie von den Raubtieren gefunden werden, sie nicht alle gefressen werden. Eine solche Überlebensstrategie haben vor allem die Flutgelsen, die sich in nur kurz andauernden Fluten vermehren und dann vertrocknen. In solchen Fällen ist die einzige wirksame Hilfe der Einsatz von Parasiten, einschließlich Bacillus thuringiensis israelensis.
10 Jahre Erfahrung mit biologischer Gelsenregulierung
Die Bevölkerung der March-Thaya-Auen auf der österreichischen Seite profitiert bereits seit mehr als einem Jahrzehnt von der biologischen Gelsenregulierung:
Die österreichischen Gemeinden Rabensburg, Hohenau an der March, Ringelsdorf-Niederabsdorf, Drösing, Jedenspeigen, Dürnkrut, Angern an der March, Marchegg und Engelhartstetten gründeten 2011 einen eigenen Verein, um die Gelsen in den March-Thaya-Auen zu regulieren.
Der Verein organisiert unter der fachlichen Führung eines Biologen die Einsätze unserer Freiwilligen. Sie leisten äußerst wertvolle Arbeit und haben bereits zahlreiche Einsätze absolviert – allein seit 2017 waren sie 655-mal unterwegs! In mehr als 1000 Moskito-Fallen wurden 889.312 Gelsen gefangen und in unserem Labor bestimmt. So wächst auch das Wissen über diese Insektenart stetig weiter.
Mit dem Interreg-Projekt “Mosquito Bioregulation” gibt es nun auch eine internationale Zusammenarbeit, in der wir voneinander lernen und uns gegenseitig unterstützen. Grenzüberschreitende Maßnahmen sind bei der Bekämpfung von Gelsen essentiell, denn Gelsen kennen keine Grenzen!